Drücke „Enter“, um zum Inhalt zu springen

Tag 8: Dauerregen in Vilnius

Frühstück fällt aus da der Raum überfüllt ist. Da ich es noch nicht mitbezahlt habe, gibt’s also irgendwo in der Stadt einen Kaffee, da mein Frühstückshunger auch irgendwie heute nicht so groß ist.

Das Wetter mag mich heute nicht – es hat sich so richtig schön eingeregnet. Das Tor der Morgenröte sieht bei Sonne auch hübscher aus – vor allem wenn es fertig renoviert ist. Es ist das letzte erhaltene Tor der ehemaligen Stadtmauer. Alles andere haben die Russen bei den Besetzungen von Litauen zerstört, wenn es nicht schon durch den Krieg zerstört war.

Tor der Morgenröte

Die ersten drei Kaffee/Bäckereien sind dann auch gleich überfüllt oder haben lange Schlangen. Der Samstag ist wohl ein Tag an dem alle Leute frühstücken gehen in Vilnius. Aber schließlich gibts einen Kaffee und ein einfaches Croissant dazu. Muss heute mal reichen.

Mit dem dauernden Regen stehen heute Museumsbesuche und dazwischen Bus fahren auf dem Programm. Auf jeden Fall mehr drinnen als draußen. Mal was anderes.

Unterwegs komme ich an der „Bunten Gans“ einem „Deutsches Restaurant“ vorbei. Spannend, was dann da so auf der Speisekarte steht. Ich geh da wohl eher nicht rein.

Deutsches Restaurant in Vilnius

Weiter im Regen durch die Altstadt auf dem Weg zum „Museum of Occupations and Freedom Fights“ auch „KGB Museum“ genannt. Inklusive dem originalen Zellentrakt. Der KGB war in der gesamten sowjetischen Zeit in Litauen aktiv. Kann man sich nur angucken wenn man das auch aushält. Nach etwa ⅔ habe ich genug. Fotos will man hier nicht machen. Obwohl manche Leute es wohl lustig finden, sich durch die Klappe in der Zellentür in der Zelle fotografieren zu lassen.

Mit dem Bus Nr. 4 fahre ich zum Energie Museum. Der Bus hält auf der „falschen“ Flusseite und es geht dann halt zu Fuß – immer noch im Regen – über die Brücke. Ganz schön stürmisch über dem Wasser. Und nach besserem Wetter siehts irgendwie auch immer noch nicht aus.

Energieerzeugung auf Basis großer Dampferzeuger und ein Kontrollstand des Kraftwerks aus russischer Zeit. Alles etwas merkwürdig anmutend – sagen wir mal wenig filigran hergestellt. Das Museum ist im ersten Elektrizitätswerk von Litauen untergebracht, in dem noch teilweise originale alte Technik verbaut ist. Hier wurde am Anfang der eindampfen mit Torf erhitzt, um auf seien 300°C zu kommen, später mit Holz, dann mit allem, was brennt und später, als es eine Gas Pipeline von der Ukraine nach Vilnius gab, dann mit Gas. Heute alles Geschichte und auf dem Dach eine große PV Anlage und Batteriespeicher. Das Museum ist nahezu verbrauchsneutral.

Ehemaliger Kontrollraum des Kraftwerks

Richtig spektakulär ist es nicht, aber gut für Kinder erklärt – soweit ich das nachvollziehen kann. Vieles nur in litauisch beschriftet was den Besuch mit Übersetzer App etwas mühsam macht. Also doch den Audio Guide nutzen – dafür gibts den schließlich.

Danach mit dem Bus Nr. 33 nochmal nach Užupis zum verspäteten Mittagessen. Das Lokal „UŽUPIO KAVINĖ“ war mir schon beim Stadtrundgang gestern aufgefallen und heute will ich hier mal ein paar weitere Spezialitäten der Litauischen Küche genießen.

Die Umgebung im Lokal hat schon ein besonderes Flair und drinnen ist es freundlich, gemütlich, warm und trocken. Der Raum ist mit vielen netten Details ausgestattet und eingerichtet. In welchem Restaurant steht bitte ein Grammophon? Auch die erste Seite der Speisekarte ist künstlerisch gestaltet.

Das Essen war gut und reichlich – Preis- Leistungs – Verhältnis auf jeden Fall sehr gut. Heute brauche ich nichts mehr. Also aufraffen und die warme Hütte wieder verlassen, um noch was zu sehen, was auf der Liste steht. Draußen regnet es immer noch – egal.

Bei meiner Busfahrt heute mit der Linie 89 erwische ich den definitiv kleinsten Elektrobus, mitdem ich je gefahren bin. Der hat auch keinen sichtbaren Stromabnehmer oder Anschlüsse – ich vermute mal, die tauschen das Batteriepack durch die große Klappe an der Rückseite… Mal sehen ob ich das rausfinden kann. Man glaubt es nach dem Foto von dem Bus nicht, aber vom Format an sich ist der, wie ein Linienbus, nur viel kürzer. Rollstuhl-Stellplatz – im Prinzip sogar Platz für zwei – oder zwei Kinderwagen. Und noch 13 Sitzplätze.

Kleiner E-Bus muss noch wachsen

Diese Busfahrt hatte dann mal das besondere Ereignis der Ticketkontrolle. Zwei Kontrolleure an einer Haltestelle rein, innerhalb von weniger als einer Minute alle Leute kontrolliert und wieder raus – die fahren gar ich erst mit. Offenbar habe ich ein passendes Ticket gekauft.

An der Kathedrale steige ich wieder aus und laufe zum Aufgang zum Gediminas Turm. Die Holztreppe ist mir zu glitschig bei Regen und irgendwie sind die Füße auch müde – also gönne ich mir den Schrägaufzug den Hügel hoch. Österreichisches Fabrikat – da kann nichts schiefgehen.

Der ganze Berg ist beeindruckend. Es wird an vielen Stellen repariert und verschönert. Der Gediminas Turm aber steht da, wie seit eh und je. Ich letztere die vier Etagen bis auf die Aussichtsplattform und genieße den Ausblick über die Altstadt und alle Bezirke außerhalb, die ich nichtmal ansatzweise besucht habe. Liegt vielleicht daran, dass sich die Sehenswürdigkeiten und historischen oder außergewöhnlichen Orte fast alle in der Altstadt befinden.

Das Museum auf den übrigen Etagen im Turm beschäftigt mich noch eine Weile und als ich raus komme, ist es draußen dunkel und der Turm angestrahlt. Herrlicher Anblick. Kann man gut verstehen, dass die Einwohner ihn als Wahrzeichen ausgewählt haben.

Auf dem Weg zurück zum Hotel kommen ich nochmal an dem beleuchteten Denkmal des König Mindaugas am Abend vorbei.

Litauische Nationalflagge auf dem Gediminas Turm im düsteren Abendlicht

Ich verabschiede mich aus Vilnius und Litauen und mache mich morgen früh auf die Reise quer durch Lettland und die Hauptstadt von Estland, Tallinn.

Welche der besuchten Städte wohl am Ende die schönste gewesen sein wird? Eines steht jedenfalls fest: Viel unterschiedlicher können zwei Städte nicht sein, als Warschau und Vilnius.

Morgen früh um 5:20 klingelt der Wecker. Dann heißt es, alles wieder in den Koffer packen, mit dem Bus 34 ein letztes Mal zum Bahnof „Stotis“ fahren, einen Kaffee holen und in den Zug in Richtung Tallinn einsteigen.

Das Abenteuer darf wieder weitergehen.

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert